Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten änderte sich das Leben in Deutschland nachhaltig. Mit dem Ermächtigungsgesetz (März 1933), der Gleichschaltung der Gesellschaft, und dem sog. „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“(1935) gaben sich die neuen Machthaber Instrumente in die Hand, mit denen alle Andersdenkenden mit hoher Effektivität unterdrückt und alle demokratischen Errungenschaften der Weimarer Republik abgeschafft werden konnten.
Zugleich versuchten die neuen Machthaber, eine „deutsche Wissenschaft“ zu etablieren. Diese hatte zumeist wenig mit den allgemein anerkannten wissenschaftlichen Vorstellungen gemein und zielte vor allem auf die „Erhöhung der germanischen Rasse“.
Paul Guthnick und Cuno Hoffmeister unternahmen alles, um die Sternwarten in Babelsberg und Sonneberg dem direkten Einfluss der NSDAP zu entziehen. Beide Wissenschaftler erkannten sehr schnell die mit der Abschottungspolitik und der Ideologiegläubigkeit des Regimes verbundene Wissenschaftsfeindlichkeit.
In der Zeit von 1933 und 1939 stellte sich dennoch bescheidener Aufschwung auf der Sonneberger Sternwarte ein: Die Belegschaft wurde von zwei auf fünf Mitarbeiter erweitert und leistungsfähige Teleskope und Messinstrumente wurden angeschafft. Dieser Umstand ist vor allem der unermüdlichen Aktivität Cuno Hoffmeisters zu verdanken, der immer wieder die Erweiterung des Instituts bei den zuständigen Stellen anmahnte.
In dieser Epoche lernten an der Sonneberger Sternwarte u. a. der spätere Chefkonstrukteur für Astrogeräte bei Carl Zeiss Jena, Alfred Jensch, und der spätere Direktor des Max-Planck-Instituts für Astronomie, Prof. Rudolf Kippenhahn, das astronomische Beobachterhandwerk.
Die beiden Weitwinkelkameras der Sternwarte Berlin-Babelsberg wurden 1933 in Sonneberg aufgestellt.
35cm-Spiegelteleskop für die visuelle und fotografische Beobachtung
Einige der Sternwartenmitarbeiter des Jahres 1936
von links nach rechts: C. Hoffmeister, Heinrich van Schewick, Alfred Jensch mit Freundin, Rudolf Brandt, Otto Morgenroth
Eine Besuchergruppe besichtigt die Sternwarte Sonneberg (ca. 1935)
Astrograph von 400mm Objektivöffnung und 1600mm Objektivbrennweite (1938)
Nach 13 Jahre währendem Kampf konnte 1938 das neue Hauptinstrument der Sternwarte in Betrieb genommen werden. Mit dem Astrographen konnten größere Himmelsfelder mit einer größeren Reichweite (17.5m) fotografiert werden. Dies kam vor allem dem Felderplan zugute, für den das Teleskop vor allem genutzt wurde.
Von 1937 bis 1938 hielt sich Cuno Hoffmeister mit seiner Frau Adelheid in der Nähe von Windhuk (Südwest-Afrika) auf, um an der dortigen deutschen astronomischen Station fotografische Weitwinkelaufnahmen des Südhimmels anzufertigen.
Auf den Fotoplatten fand und untersuchte Cuno Hoffmeister Hunderte von Veränderlichen Sternen, die von Sonneberg aus nicht sichtbar sind.
Weitwinkelkamera in der deutschen astronomischen Station (bei Windhuk (SWA))
Paul Ahnert an seiner Privatsternwarte in Wittgensdorf (Sachsen)
(ca. 1923)
1938 begann der Lehrer und Amateurastronom Paul Ahnert auf der Sternwarte Sonneberg mit seiner Arbeit. Er hatte seit 1933 wegen seiner SPD-Mitgliedschaft Berufsverbot und hätte deshalb an der Sternwarte gar nicht arbeiten dürfen. Cuno Hoffmeister und Paul Guthnick erreichten über Umwege Ahnerts Anstellung in den Staatsdienst. Die Sternwarte bekam einen Mitarbeiter, der für die folgenden 50 Jahre den guten Ruf der Sternwarte Sonneberg wesentlich mitbegründete.
1940 wurde Cuno Hoffmeister Professor für Astronomie.
Cuno Hoffmeister in der Uniform eines Reserveoffiziers der
Deutschen Luftwaffe
Seit dem Jahre 1940 war die Sternwarte als Luft- und Wetterbeobachtungsstation der Deutschen Luftwaffe unterstellt und Cuno Hoffmeister mit zwei seiner Mitarbeiter zum Dienst als Reserveoffiziere verpflichtet.
Glücklicherweise konnte die wissenschaftliche Arbeit weitergehen, wenngleich nur unter größten Anstrengungen.
Andere Mitarbeiter wurden direkt zur Wehrmacht eingezogen: Margit Ahnert, Nikolaus B. Richter, Heinrich van Schewick und Arthur Teichgraeber. 1946 starb A. Teichgraeber an Typhus in Kriegsgefangenschaft.
Neben der routinemäßigen Überwachung des Nordhimmels und der Beobachtung von Meteoren rückte die Erforschung des Zodiakallichts wieder in den Vordergrund. Wegen der nächtlichen Verdunklung im Zuge des Luftkriegs über Deutschland waren die Nächte dunkel und dadurch paradoxerweise für astronomische Beobachtungen gut geeignet.
Meteorbeobachterhaus auf dem Sternwarten-Dach.
Die Holzkiste schützte den Beobachter vor dem starken Wind auf dem Erbisbühl.
(links Nikolaus B. Richter, rechts Max Densow) (1942)
Seit der Niederlage der Deutschen Wehrmacht in Stalingrad (1943) und der Landung der Alliierten in Frankreich (1944) kehrte der Krieg allmählich an seinen Ausgangsort zurück.
Vom 9. bis zum 11. April 1945 wurde Sonneberg von US-amerikanischen Flugzeugen bombardiert. Am 11. April wäre die Sternwarte fast das Opfer eines Jagdbomberangriffs geworden. Am nächsten Tag wurde Sonneberg kampflos an die US-Armee übergeben.
Damit war auch für die Sonneberger Astronomen der Krieg vorbei. Direkte Kriegsschäden waren auf der Sternwarte nicht zu beklagen. Doch wie würde es mit der Sternwarte weitergehen?