1926-1930: Städtische Sternwarte Sonneberg

Im Jahre 1924 – Cuno Hoffmeister stand kurz vor dem Ende seines Studiums – schlug er den Verantwortlichen der Stadt Sonneberg vor, auf einem am Rande des Sonneberger Ortsteils Neufang gelegenen Hochplateau eine Städtische Sternwarte zu errichten.

Neben wissenschaftlicher Arbeit sollte dort auch Populärastronomie betrieben werden, um den Schulunterricht zu unterstützen und um den Fremdenverkehr anzukurbeln.

Hoffmeisters Vorschlag wurde nach eingehenden Beratungen angenommen und im Sommer 1925 mit den Bauarbeiten begonnen.

Cuno Hoffmeister vor der Bergsternwarte Sonneberg
(Februar 1926)

Am Nachmittag des 28. Dezember 1925 wurde die Sternwarte ihrer Bestimmung übergeben. Die Sonneberger Zeitung berichtete ausführlich über den Festakt.

Bereits am 10. Februar 1926 konnte die erste Besuchergruppe die Sternwarte besichtigen. Neben dem großen Fernrohr und den an ihm montierten Astro-Kameras war eine kleine Ausstellung über die Astronomie eine der Attraktionen, die die Besucher in die Sternwarte lockten.

Das Hauptarbeitsgebiet der Sternwarte blieb die wissenschaftliche Beobachtung des Sternenhimmels. Durch die im Vergleich zum Sonneberger Stadtgebiet enorm verbesserten Beobachtungsmöglichkeiten wurde die systematische fotografische Beobachtung des nördlichen Sternhimmels möglich. Bereits 1926 begann mit der Fotografie von zunächst 41 Himmelsfeldern von 8° * 8° Kantenlänge, die vor allem entlang der Milchstraßenebene angeordnet sind, eines der wichtigsten Sonneberger Forschungsprogramme: Der Felderplan zur Statistik der Veränderlichen Sterne der nördlichen Milchstraße. 35 Jahre später wurde die Felderzahl auf 100 erhöht. Mit der Fotografie dieser Himmelsgegenden zu jeder sich bietenden Gelegenheit werden gewissermaßen Tagebucheintragungen in der Geschichte des Sternhimmels erstellt, denn auf den Platten werden Informationen über Helligkeit und Ort der fotografierten astronomischen Objekte dauerhaft gespeichert. Diese Informationen können auch viele Jahrzehnte nach der Belichtung der Platte ausgewertet werden. Zunächst ging es darum, auf den Fotoplatten eine möglichst große Anzahl von Veränderlichen Sternen zu finden und die Ursache für ihre Helligkeitsänderung festzustellen. Später wurden aus den Ergebnissen dieser Entdeckungsarbeit wichtige Arbeiten über die Verteilung der verschiedenen Sternarten in unserer Milchstraße angestellt.

Hauptteleskop der Sternwarte: 135mm-Linsenfernrohr mit Himmelskameras von 170, 140 und 78 Millimeter Öffnung
(von rechts nach links). Am Teleskop: Nikolaus B. Richter (1929)

Erste Kamera der Sonneberger Himmelsüberwachung: Kamera mit Linsenobjektiv der Firma Ernemann mit 135mm Öffnung und 240mm Brennweite. Am Gerät: Rudolf Brandt (1929)

Ein Meilenstein in der Geschichte der Sternwarte Sonneberg war die Aufstellung und stetige Weiterentwicklung der Himmelsüberwachung seit dem Jahre 1928.

Initiiert von Paul Guthnick, dem Direktor der Universitätssternwarte Berlin-Babelsberg, wird mit ihr innerhalb einer klaren Nacht fast der gesamte nördliche Sternhimmel fotografiert. Zunächst waren zu diesem Zweck vier Weitwinkelkameras an drei Beobachtungsorten in Deutschland aufgestellt: Zwei Kameras in Berlin-Babelsberg und je eine an den Sternwarten in Sonneberg und Bamberg.

Vor allem die sehr guten Beobachtungsbedingungen in Sonneberg führten dazu, dass in den 1930-iger Jahre alle vier Kameras in Sonneberg zusammengefasst wurden.

Mit dem, wenn auch bescheidenen, Ausbau stieg natürlich auch das Arbeitspensum an.
1925 trat Kurt Glass seinen Dienst als erster Assistent der Sternwarte an. Als dieser zum Jahresende 1927 die Sternwarte verließ, folgte ihm 1929 Diplom-Optiker Rudolf Brandt. Rudolf Brandt wurde zu einem der profiliertesten und treuesten Mitarbeiter der Sternwarte.

Cuno Hoffmeister und Kurt Glass
(1926)

Sternwarte mit Anbau
(1928)

Sternwarte Sonneberg im Winter 1929

Die Anfänge des Sonneberger Plattenarchivs (1929)

Die Entwicklung der Sternwarte von 1926 bis 1930 scheint auf den ersten Blick ein kontinuierlicher Prozess zu sein, der nur unter sehr günstigen Bedingungen stattfinden konnte.

Um so bewundernswerter erscheinen die Sonneberger Forschungsergebnisse, wenn man die realen Schwierigkeiten betrachtet, gegen die Cuno Hoffmeister mit seinen Mitarbeitern kämpfen musste.

Die Stadt Sonneberg stellte 1925 zwar eine große Geldsumme für den Bau der Sternwarte bereit, war aber nicht in der Lage, laufende Personalkosten für die Sternwartenmitarbeiter aufzubringen. Nur unter größten Entbehrungen gelang ihnen, den wissenschaftlichen Betrieb aufrecht zu erhalten und durch Nebenbeschäftigung ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Ab 1928 trat eine gewisse Entspannung ein, als Cuno Hoffmeister für zwei Jahre von der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaften ein kleines Stipendium als Auszeichnung für seine Promotion bekam. 1928 stellte die Sonneberger Stadtverwaltung nochmals eine Geldsumme für einen Erweiterungsbau der Sternwarte zur Verfügung und war am Ende ihrer finanziellen Möglichkeiten angelangt. Durch den unermüdlichen Einsatz des Direktors der Universitäts-Sternwarte Berlin-Babelsberg, Prof. Paul Guthnick, gelang eine dauerhafte Sicherung der Sternwarte: Sie wurde ab 1930 an den Preußischen Staat verpachtet und im Jahre 1931 ganz von ihm übernommen. In der Praxis bedeutete dies, dass die Sternwarte Sonneberg eine Abteilung der Universitätssternwarte Berlin-Babelsberg wurde. Nun war nach langem Ringen die Existenz der Sternwarte gesichert.

Aber auch die Wirrnisse in der großen Politik und in der Wirtschaft in Deutschland trugen zu vielen Unsicherheiten bei, von denen die Sternwarte auch unmittelbar betroffen war. Neben den Wirtschaftskrisen der Jahre 1923 und 1929 war es auch die Unberechenbarkeit der deutschen Wirtschafts- und Innenpolitik, die ab 1929 die Übergabe der Sternwarte an Preußen fast unmöglich gemacht hätte.

Paul Guthnick und Cuno Hoffmeister
(ca. 1930)

1930 führte die erste Sonneberger Forschungsfahrt Cuno Hoffmeister in das Karibische Meer. Auf der MS „Magdalena“ maß er den Helligkeitsverlauf des Südlichen Milchstraße.

1933 wiederholte Cuno Hoffmeister seine Forschungsreise in Begleitung des Astronomen Nikolaus B. Richter. Mit einem von Rudolf Brandt konstruierten und gebauten Helligkeitsmessgerät konnten beide Astronomen wesentlich genauere Messungen erhalten als drei Jahre zuvor.

Auf der Brücke der MS „Phrygia“

von links nach rechts: Nikolaus B. Richter, der Kapitän (Name unbekannt) und Cuno Hoffmeister

Rudolf Brandt bei der Erprobung des Flächenfotometers

(1932)